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Wien
Beethoven delayed
15. Juli – 3. September 2022

Was ist beim Tango-Seasons-Projekt einzigartig und neu?
Andrés Gabetta: Dass man Vivaldis Vier Jahreszeiten denen von Piazzolla gegenüberstellt, ist kein Novum, denn dafür gibt es schon eine Reihe von Beispielen. Es ist der neuartige Ansatz, der unsere Version einzigartig macht. Ich wollte mit diesem Projekt aufzeigen, dass es eigentlich keine Trennlinien zwischen Barockmusik und zeitgenössischer Musik, zwischen historischen und modernen Instrumenten gibt. Leider gerät mit der Zeit zunehmend in Vergessenheit, dass es noch immer in erster Linie um die Musik geht. Deshalb haben wir Piazzollas Jahreszeiten zusammen mit dem Komponisten Roberto Molinelli überarbeitet, was zu einer Verknüpfung der Musik des 20. Jahrhunderts mit der historischen Aufführungspraxis führte. Diese ermöglicht ein kontrastreicheres Klangbild mit grösserer Farbpalette.

Wo berühren sich Vivaldi und Piazzolla?
Andrés Gabetta: Dieses Projekt liegt mir ganz besonders am Herzen. Ich wollte der Verbindung zwischen meinen argentinischen Wurzeln und meiner Spezialisierung auf alte Musik konkreten Ausdruck verleihen. Darmsaiten waren immerhin bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Gebrauch, doch binnen eines Jahrhunderts ist der für Darmsaiten typische Klang völlig von dem der Stahlsaiten verdrängt worden. Besonders frappierend ist dies im Falle Piazzollas, einem Komponisten des 20. Jahrhunderts, bei dem wir uns daran gewöhnt haben, dass seine Musik auf Stahlsaiten gespielt wird. Seine Werke mit Darmsaiten neu zu entdecken, bedeutet, erstmals ihren ganzen Farbenreichtum zu erschliessen.

Stimmt es, dass der argentinische Tango von neapolitanischer Barockmusik abstammt, oder ist das eine Legende?
Andrés Gabetta: Das ist schwer zu sagen. Es heisst, der Tango sei das Ergebnis des Zusammenspiels dreier Kulturen: der europäischen, der afroamerikanischen und der argentinischen. So entstand die Sprache des Tangos vor allem in den Armenvierteln von Buenos Aires, doch sind auch spanische, italienische, französische, portugiesische und englische Einflüsse nachweisbar. Deshalb erschien es mir als Selbstverständlichkeit, italienische Barockmusik mit dem Tango zu verbinden.

Andrés Gabetta