3 Fragen an Daniel Hope...
Britten und Menuhin: Was assoziieren Sie mit dieser Verbindung?
DH: Im Sommer 1945 haben sich Benjamin Britten und Yehudi Menuhin in London kennengelernt. Ein paar Tage später befanden sie sich mit einem kleinen Auto auf dem Weg zu dem kurz zuvor befreiten Konzentrationslager Bergen-Belsen. Um die überlebenden Opfer der Nazi-Barbarei wieder an Kunst und Kultur teilhaben zu lassen, traten Menuhin und Britten tatsächlich in Bergen-Belsen auf. Es muss eine sehr bewegende und gleichzeitig erschreckende Erfahrung gewesen sein. Aber es führte zu einer tiefen künstlerischen Freundschaft der beiden Musiker. Dies ermöglichte ohne Zweifel einen nächsten, wichtigen Schritt: Durch die Einladung an Benjamin Britten und Peter Pears zu einem Konzert im Jahr 1956 nach Gstaad zu kommen entstand eines der traditionsreichsten europäischen Festivals.
Elgar und Menuhin?
DH: Ein Jahr nach der Eröffnung der «EMI Recording Studios» (wie die legendären Abbey Road Studios damals hiessen) hat Edward Elgar mit dem London Symphony Orchestra sein Violinkonzert eingespielt. Der Solist war ihm vom instinktsicheren Fred Gaisberg empfohlen worden, der bereits Caruso entdeckt hatte: Es war der 16-jährige Yehudi Menuhin. Die erste Begegnung der beiden Musiker war bemerkenswert. Drei Tage vor der Aufnahme im Sommer 1932 sollte Menuhin Elgar den Solopart zum ersten Mal vorspielen. Doch nach wenigen Takten – Menuhin hatte noch nicht einmal das zweite Thema erreicht – unterbrach ihn Elgar mit den Worten: «Es ist ein wunderschöner Tag heute und ich habe überhaupt keine Bedenken! Ich muss zum Pferderennen!» Daraus ist eine der schönsten Aufnahmen der Musikgeschichte entstanden.
Hope und Gstaad?
DH: «Gstaad my Love». Das war der Slogan, den das Tourismusbüro Gstaad in den 1970er Jahren verwendete, und genauso empfinde ich den Ort. Ich habe immer noch den weissen Aufkleber mit dem schwarz-roten Aufdruck aus Cadonau’s Schreibwarenladen. Gstaad bedeutet für mich die Welt: Hier habe ich zum ersten Mal überhaupt Musik erlebt. Meine erste Begegnung mit Beethoven, Mozart, Vivaldi. Der Geruch der Holzbänke in der Kirche Saanen, von wo aus ich stundenlang Proben zuhören durfte. Der herrliche Klang des Zürcher Kammerorchesters unter Edmond de Stoutz. Ganz einfach gesagt: Gstaad ist so tief in meine musikalische Genetik eingepflanzt, dass es keine Rolle spielt, wo ich mich auf der Welt befinde – wann immer ich Musik spiele oder höre, habe ich das Gefühl, dass ein Teil von mir wieder im Berner Oberland ist.
